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  5. Abschied von Pfarrerin Elisabeth Roth

25.02.2024 // Allgemein

Gottes Worte in Leichter Sprache

Heute haben hat das Epilepsiezentrum Kleinwachau in Radeberg bei Dresden Pfarrerin Elisabeth Roth verabschiedet. Die gebürtige Vogtländerin geht nach 14 Jahren Seelsorge in Kleinwachau in den Ruhestand.

Einer der Klienten brachte es beim Abschiedsgottesdienst im Kirchsaal der zur Diakonie gehörenden Einrichtung auf den Punkt: „Und wir alle haben Frau Roth viel zu verdanken.“ 

Dass Elisabeth Roth viel für die Bewohnerinnen und Bewohner getan hat - vor allem durch ihre Interpretation der Gottesworte und -botschaften in Leichter Sprache - hob Superintendent Albrecht Nollau in seiner Ansprache auch noch einmal hervor. 
 

Ende einer Ära

Nollau, Leiter des Kirchenbezirks Dresden-Nord, spendete Roth dann den Segen und händigte ihr die „Entpflichtungs“-Urkunde aus.

Geschäftsführerin Sandra Stöhr erinnerte daran, dass heute auch eine Ära endete: „Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch ich kennen das Epilepsiezentrum nur mit Ihnen als Pfarrerin.“ 

Zum Schluss bildete sich eine lange Schlange.Jeder wollte noch einmal die Theologin umarmen, herzen und ihr ein Geschenk geben. Ganz Kleinwachau sagt noch einmal: Vielen Dank, Frau Roth.

Elisabeth Roth: Andachten auf Augenhöhe

Ende 2023 hatte sich Patrick Ziob, Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation des Epilepsiezentrums mit Pfarrerin Elisabeth Roth getroffen, um gemeinsam auf 14 Jahre Kleinwachau zurückzublicken. Hier ist sein Portrait:

Sätze, die an Luther erinnern

Das Gespräch mit Elisabeth Roth braucht nicht mal eine Minute, um zu verstehen, was die 65-jährige auszeichnet. Da ist die intellektuelle Theologin, gepaart mit evangelischer Strenge und einer Begeisterung für alles Schöne rund um die göttliche Botschaft. Und da ist die lebenserfahrene, bodenständige und selbstbewusste Frau mit einer Leidenschaft für klare Sprache.

Während im Hintergrund „Handel's Messiah: A Soulful Celebration“ läuft – eine Gospel-Version des „Messias“-Oratoriums, das Georg Friedrich Händel 1741 komponiert hat – formuliert sie Sätze, die in ihrer Direktheit an Martin Luther erinnern. Zum Beispiel, wenn sie sagt, jenes oder dieses sei ihr „ziemlich am Steiß vorbeigegangen.“

Kommunikation ist der Schlüssel

„Kommunikation“, sagt sie, sei das Wichtigste ihrer Arbeit in Kleinwachau gewesen. Die richtigen Worte finden für alle, die mit dem Epilepsiezentrum zu tun haben: für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Bewohnerinnen und Bewohner, für die Patientinnen und Patienten und auch für die Besucherinnen und Besucher. Elisabeth Roth: „Die Worte und Sätze können ja nicht für alle gleich sein. Menschen mit einer Beeinträchtigung brauchen eine andere Ansprache als Menschen ohne Beeinträchtigung.“

Aber egal, für wen Elisabeth Roth formuliert, ob in „Leichter Sprache“ beim Leiten der Sitzungen des Bewohnerbeirates oder beim Erörtern theologischer Fragen in einer Andacht, immer ist es verständlich und hat Bezug zum Leben in Kleinwachau. Bekannt ist sie auf dem ganzen Campus dafür, dass sie über die Einhaltung von christlichen und kirchlichen Riten und Traditionen wacht. „Wir dürfen noch nicht das Jesuskind in die Krippe legen, es ist noch nicht Heiliger Abend“ oder „wir dürfen den Weihnachtsbaum noch nicht schmücken“ sind geflügelte Worte im Epilepsiezentrum. Elisabeth Roth, die eine Frau ist, die gerne lacht, muss darüber schmunzeln, sagt aber auch: „Die Einhaltung des Kirchenjahres ist eine wichtige Sache: Sie hilft dem Glauben.“

Christin in der DDR

Aufgewachsen ist Elisabeth Roth in Plauen, der Stadt der ersten Montagsdemonstration. Der Vater ist evangelischer Pfarrer, die Mutter bleibt bewusst zu Hause, um als Hausfrau die fünf Kinder großzuziehen. Ein Gegenentwurf zur damaligen Praxis in der DDR. Das Kind Elisabeth lernt schnell, dass der Staat sie wegen ihrer Herkunft und ihres Glaubens während der ganzen Schulzeit gängelt. „Obwohl ich eine der besten Schülerinnen war, durfte ich kein Abitur machen“, erzählt sie.

Im Diakonissen-Krankenhaus in Dresden macht sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. Denn Pfarrerin will sie nicht werden. Weil: „Da ich selbst aus einer Pfarrersfamilie komme, weiß ich, wie schwer es ist, Familie und Beruf zu vereinbaren.“ Außerdem sind zu dieser Zeit Frauen am Altar noch selten, 1957 war erst die erste Pfarrerin in Deutschland geweiht worden.

Aus der Schwester wird eine Theologin

Als sie in Siebenbürgen einen jungen Kfz-Schlosser kennen- und lieben lernt, scheint ihr Vorsatz aufzugehen. Zunächst. Doch der junge Mann will – Pfarrer werden. Beide bekommen einen Studienplatz am theologischen Seminar der Universität Leipzig. Wie kam es zu diesem Sinneswandel? Elisabeth Roth: „Bei meiner Arbeit im Diakonissenkrankenhaus stellte ich fest, dass viele Patientinnen und Patienten Hilfe brauchten und Fragen hatten. Seelische und geistliche Fragen. Mir wurde klar: Die Antworten darauf kann ich nur als Theologin geben.“

Nach dem Studium wollen die Roths Missionare werden und stellen 1988 – inzwischen haben sie zwei Kinder (Tochter Magdalena kommt 1992 zur Welt) – einen Ausreiseantrag. Im September 1989, noch nicht mal zwei Monate vor dem Mauerfall, ziehen sie nach Baden-Württemberg. Doch dort platzt der Traum von der Mission, und sie ziehen zurück nach Sachsen. Erst in die Nähe von Borna, dann nach Klaffenbach, einem Stadtteil von Chemnitz, wo Elisabeth Roth eine Stelle als Schulpfarrerin findet. Aber sie möchte in die Seelsorge.

Was bleibt von 14 Jahren?

Als Kleinwachau einen neuen Pfarrer sucht, bewirbt sie sich. Das war 2010. Ihr Mann zieht ein Jahr später hinterher; er ist heute Seelsorger im benachbarten Arnsdorf.

Was bleibt von 14 Jahren Kleinwachau in besonderer Erinnerung? „Ich glaube, es sind die Lebensläufe der Menschen, die fast ihr ganzes Leben in Kleinwachau verbracht haben“, sagt Elisabeth Roth nach einigem Überlegen, „sie erzählen von Irrungen, Wirrungen, von Flucht und Ankommen, von Leid, Liebe und Menschlichkeit.“ Sie fügt hinzu: „Dass wir mit dem Tannenhaus eine Möglichkeit geschaffen haben, unsere Bewohnerinnen und Bewohner auch das letzte Stück ihres Lebens begleiten zu können, ist ein Geschenk. Genauso wie der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort.“

Ausblick auf den Ruhestand

Und was macht die Rentnerin Elisabeth Roth? „Mit meinem Mann frühstücken und wieder ins Bett gehen, wenn er zur Arbeit fährt“, lacht sie, „nein, wir ziehen jetzt noch einmal in ein kleines Häuschen mit großem Garten um – und um diesen will ich mich kümmern – und um meine drei Enkel, die in Leipzig leben. Aber eigentlich gelten für mich die Worte der Dichterin Mascha Kaléko: Zerreiß deine Pläne,
sei klug und halt dich an Wunder. “

Auch Händel wollte 1741 „etwas kürzertreten“, wie er einem Freund schrieb. Dann aber bekam er aus Irland einen interessanten Auftrag. Und der Komponist legte los: In nur 24 Tagen war das neue Werk fertig – 259 Partiturseiten mit insgesamt 53 Musiknummern: Das Messias-Oratorium, das Elisabeth Roth so gerne hört.

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